Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
„Zeitenwende“ ist das Wort des Jahres 2022. Es bedeutet den Übergang oder die Wende eines als wesentlich erachteten Zeitabschnitts wie eine Ära oder eine Epoche zum nächsten. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach hinsichtlich der notwendigen Reaktion Deutschlands auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine von der erforderlichen Zeitenwende.
Nach fast achtzig Jahre dauernder Friedenszeit in Europa überfällt die militärische Großmacht Russland ihren Nachbarn, um das eigene Territorium auszuweiten und um die dortige junge Demokratie zu zerstören. Die Menschen in der Ukraine erleiden den unverschuldeten Krieg in seinen schlimmsten Auswüchsen. Die Bilder der Kriegsverbrechen an Zivilisten, darunter viele Kinder und Alte in der Stadt Butscha und anderswo in der Ukraine, die Berichte über die Verzweifelten auf Trauerfeiern und der Menschen in ihren zerstörten Wohnungen, ohne Strom, Heizung und Wasser mitten im Winter – sie sind erschreckend.
Die Klimakrise ist im letzten Jahr auch unübersehbar in Deutschland und Europa angekommen. Es gab erneut Hitzerekorde und nie dagewesene Waldbrände. Deutschlands größter Fluss, der Rhein, war an vielen Stellen eher zu einem Rinnsal ausgetrocknet. Insbesondere in den ärmsten Ländern der Welt in Afrika brach die Nahrungsmittelversorgung zusammen. Getreide- und Maislieferungen aus der Ukraine hätten Erleichterung gebracht, die russische Regierung verhinderte dieses mit Gewalt.
Hinzu kommt seit dem vergangenen Jahr die weltweite Energiekrise. In erster Linie ebenfalls dem Angriffskrieg Russlands geschuldet, wird aber auch drastisch verdeutlicht, dass die Ressourcen der Erde endlich sind und wir alle uns umstellen müssen. Die explodierenden Preise für Gas und Strom und auch für unsere Lebensmittel lassen daran keinen Zweifel.
Seit einigen Wochen erkranken insbesondere Säuglinge und Kleinkinder an schweren Atemwegserkrankungen, und Medikamente dagegen sind knapp.
Es ist bedauerlicherweise zu konstatieren, dass das Jahr 2022 der negative Höhepunkt der sich aneinanderreihenden Krisenjahre war. Dieser dauernde Krisenmodus wirkt sich natürlich auch auf unsere psychische Gesundheit aus. Es scheint aktuell manchmal so, als ob es gar keine positiven Nachrichten mehr gibt. Aber das täuscht.
Krisenzeiten – so wird oft gesagt – zeigen, zu welchen Gräueltaten der Mensch fähig ist. Sie zeigen aber auch umgekehrt, zu welcher Humanität wir fähig sind. Die demokratischen Staaten rücken zusammen. Die Zivilbevölkerungen zeigen sich solidarisch mit den Opfern der Unmenschlichkeit und helfen diesen ganz praktisch vor Ort oder hier im eigenen Land. Es ist beeindruckend, wie überall in Europa, in Deutschland und hier im Kreis Coesfeld ukrainische Geflüchtete herzlich aufgenommen werden. Viele bieten ihnen eine Wohnmöglichkeit im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung und helfen ganz pragmatisch bei der Alltagsbewältigung. Auch unsere Städte und Gemeinden leisten hier Großartiges. Als Kreis Coesfeld entlasten wir unsere Kommunen hier insbesondere durch den Betrieb des Josefshauses in Seppenrade.
Die Ehrenamtsinitiativen zeigen sich auch in dieser Krise als unentbehrlich. Ob in Flüchtlingsinitiativen, in Tafeln oder in der Vielzahl der sozialen Projekte zur Unterstützung der Menschen, die es auch in unserer Gesellschaft nicht so einfach haben – die ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfer zeigen sich einmal mehr als verlässliche Partner des Staates.
Das Corona-Virus ist auch bei uns noch längst nicht besiegt. Dennoch ist in vielen Bereichen wieder etwas mehr Normalität eingekehrt. Wir können uns bei aller gebotener Vorsicht wieder in Präsenz treffen, unsere älteren Familienmitglieder wieder besuchen, und auch die Kinder gehen wieder regelmäßig in die Kita und die Schule.
Liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger,
wir alle wünschen uns, dass im Neuen Jahr der Krieg in der Ukraine möglichst schnell ein Ende findet und damit in vielen Bereichen wieder mehr Alltag und weniger Krise gilt.
Ich wünsche Ihnen und uns darüber hinaus, dass wir in unserem täglichen Leben auch die oftmals kleinen Freuden erkennen und bei allen Sorgen und Nöten feststellen, dass wir noch immer zu den Menschen auf der Welt zählen, die in relativ gesicherten Verhältnissen leben können.
Für das Jahr 2023 wünsche ich Ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit, Zufriedenheit und Gottes Segen!
Ihr Landrat
Dr. Christian Schulze Pellengahr